Ein Rechtsstaat ist ein Staat in dem die Gewalt die vom Staat ausgeht an festen Regeln (den Gesetzen) gebunden ist. Für mich als nicht-Jurist beinhaltet das folgende Merkmale:
- Es gibt Gesetze an die sich alle zu halten haben.
- Die Gesetze sind die einzigen solchen Regeln – es kann natürlich untergeordnete Regeln geben, die dann aber in den Gesetzen definiert sein müssen.
Zusammen verhindern sie die Willkür die es sonst gäbe, wenn jemand (oder sogar der Staat selbst) nach belieben entscheiden könnte was erlaubt ist und was nicht, je nach Lust, Laune oder Tagesform.
- Die Gesetze sind öffentlich und für jeden Betroffenen erfahrbar.
Zugegeben, ob ein normaler Mensch sie in ihrer Wirkung vollständig erfassen kann, wage ich zu bezweifeln. Aber dafür gibt es dann Anwälte die einem da zur Seite stehen.
- Gesetze dürfen nicht rückwirkend eingeführt werden.
Man muss grundsätzlich in der Lage sein, in dem Moment der Handlung zu wissen ob man gesetzeskonform handelt oder nicht. Wenn Gesetze rückwirkend beschlossen werden können, kann man nie wissen ob nicht morgen ein Verbot gegen das Autofahren erlassen wird wenn man heute Autofahren möchte.
- Wenn man beschuldigt wird ein Verstoß begangen zu haben, muss man in der Lage gestellt werden sich zu verteidigen.
In fast jedem praktischen Fall braucht man dazu die Hilfe eines Experten, da die Gesetze in der Regel so komplex sind, dass man ohne Hilfe wahrscheinlich keine Chance hat. In vielen Länder wird einem daher ein Pflichtanwalt zur Seite gestellt, wenn man sich selbst keinen eigenen Anwalt leisten kann.
- Die Entscheidung, ob ein Verstoß gegen die Regeln begangen wurde, obliegt einer Instanz die nicht mit dem Kläger identisch sein darf.
In der Praxis ist diese Instanz meist ein Richter oder eine Gruppe von Richtern.
- Das Strafmaß wird ebenfalls in den Gesetzen geregelt, oft in Form von Mindest- und Höchststrafen.
Auch dies verhindert wiederum die Willkür, damit kein Richter eine lebenslange Gefängnisstrafe auferlegen kann wenn man nur einen Schokoladenriegel gestohlen hat.
- Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Diese Forderung soll Diskriminierung verhindern. Wenn es Unterschiede zwischen Menschen gibt, müssen sie in den Gesetzen verankert sein: Wenn ein ausgebildeter Elektriker einen Kurzschluss verursacht, gibt es eine andere Strafe als wenn ein Kind dasselbe Vergehen begeht. Logisch, oder?
Auch beim Begriff ‚Rechtsstaat‘ gibt es wieder viele Merkmale die oft mit dem Begriff ‚Rechtsstaat‘ in Verbindung gebracht werden: Unabhängigkeit der Justiz, Verzicht auf die Todesstrafe, Einhaltung der Menschenrechte. Umgangssprachlich wird sogar unterstellt, dass das Vorhandensein einer Demokratie Voraussetzung für einen Rechtsstaat sei.
Meiner Meinung nach ist dies nicht der Fall, zumindest nicht im engeren Sinn des Begriffs.
Ich kenne die Situation einzelner Länder nicht gut genug um mir eine abschließende Meinung bilden zu können, habe aber trotzdem das Gefühl, dass es kaum wirkliche Rechtsstaaten gibt.
- Sobald Geheimdienste des eigenen Staats auch in deren Inland aktiv werden und dabei straffrei agieren können, ist das Prinzip, dass alle Gesetze für alle gelten, verletzt.
- Wenn es, wie in den USA, geheime Gesetze gibt, kann man nicht mehr davon ausgehen, dass man immer wissen kann was man tun darf und lassen muss.
Also ist wohl auch der Begriff ‚Rechtsstaat‘ kein schwarz-weiß Begriff, sondern kennt Graustufen. Wahrscheinlich sehr viele Stufen.
Ergänzungen und konstruktive Kritik sind immer willkommen!
argures
EDIT 2019-01-03: Gleichheitsgrundsatz hinzugefügt.